Für Sie vor Ort

 

Liebigstraße 24

64646 Heppenheim

 

E-Mail

anwalt@züp.eu

 

 

Kontakt

Rufen Sie einfach an unter 

 

+49 160 555 7 88 0

 

oder nutzen Sie unser Kontaktformular

 

24h Notfall Messagebox unter 07143 720 81 04 oder

WhatsApp

0160 555 7 88 0

Zuverlässig trotz Verurteilung zu mehr als 60 Tagessätzen in den letzten 5 Jahren?

 

 

Wenn der Antragsteller einer Zuverlässikeitsüberprüfung nach § 7 LuftSiG unter anderem innerhalb der letzten 5 Jahre zu einer Geldstrafe von mehr als 60 Tagessätzen verurteilt wurde, wird ihm die Luftsicherheitsbehörde unter Berufung auf § 7 Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 LuftSiG regelmäßig die Zuverlässigkeit absprechen. Dabei beruft sich die Behörde auf die in dieser Vorschrift enthaltene sogenannte gesetztliche Regelvermutung der Unzuverlässigkeit.

 

Diese Vermutung jedoch kann - wie auch jedes andere gesetzliche widerlegbare Regelbeispiel - widerlegt bzw. durchbrochen werden!

 

 

Auch nach der Gesetzesänderung vom 04.03.2017 ist - wie in den vorangegangenen Beiträgen bereits ausgeführt - innerhalb der Regelbeispiele des neuen § 7 Abs. 1a LuftSiG i.V.m. § 5 LuftSiZÜV zum einen in entsprechender Widerlegung der dortigen Regelbeispiele nach wie vor zuverlässig, wer zweifelsfrei die Gewähr dafür bietet, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten, jederzeit im vollem Umfang zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 – 3 C 8.04).

 

Bei den der Beurteilung zugrunde liegenden Straftaten muss es sich dabei nicht um (luft-) verkehrsrechtliche Verstöße handeln. Allerdings bedarf es beim Fehlen eines unmittelbaren Bezuges der Tat zur Luftsicherheit regelmäßig näherer Anhaltspunkte, dass und warum die abgeurteilte Tat im Einzelnen auf ein Gefährdungspotential für die Sicherheit des Luftverkehrs schließen lässt.

 

Bei der Bewertung der Erkenntnisse ist dabei zu berücksichtigen, dass bereits ein geringer Zweifel an der persönlichen Zuverlässigkeit ausreicht, um die Zuverlässigkeit zu verneinen. Im Hinblick auf das hochwertige Rechtsgut der Luftsicherheit und die damit verbundenen hohen Risiken reicht bereits eine geringe Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadens aus, um einen Betroffenen wegen in dessen Person liegender Risiken von der Tätigkeit im Luftverkehrt auszuschließen. So z.B. in den gefährdeten Bereichen eines Verkehrsflughafens (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 - 7 C 20.90 - Buchholz 442.40, § 4 LuftVG, Nr. 4).

 

Es ist mithin in der Tat so, dass jegliche Straftaten eines Betroffenen die luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit in Frage stellen.

 

Im Rahmen einer gebotenen Gesamtwürdigung des Einzelfalls ist jedoch festzustellen, ob sich aus diesen (konkreten!) Vorgängen Bedenken für die Zuverlässigkeit des Betroffenen ergeben (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 – 3 C 8.04).

 

Verbleibende Zweifel an der Zuverlässigkeit müssen dabei im Interesse der Sicherheit des Luftverkehrs letztlich zu Lasten des Antragstellers gehen.

 

Bei der Prüfung der Zuverlässigkeit sind grundsätzlich rechtskräftig abgeurteilte Straftaten des Überprüften einzubeziehen. Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Straftaten und der Sicherheit des Luftverkehrs muss nach ständiger Rechtsprechung nicht bestehen. Da bereits geringe einschlägige Zweifel der Feststellung der Zuverlässigkeit entgegenstehen, ist die Zuverlässigkeit schon dann zu verneinen, wenn mit Blick auf ein strafbares Verhalten ausreichend begründete Anknüpfungspunkte auf charakterliche und persönliche Schwächen deuten, die sich auf die Luftsicherheit gefährdend auswirken können. Eine Gefährdung des Luftverkehrs kann nämlich bereits dadurch eintreten, dass eine Person Dritten, sei es mit oder ohne Kenntnis der wahren Motive, zur Überwindung relevanter Sicherheitsvorgaben hilft (Kammerurteil vom 3. Dezember 2015 – 6 K 9256/13, Rn. 39 (juris); VG München, Urteil vom 16. Juni 2016 - M 24 K 16.1381 -, Rn. 41 (juris).


Der Gesetzgeber hat mit Wirkung ab dem 04. März 2017 Absatz 1a in  § 7 LuftSiG eingefügt, der die Anforderungen an die Zuverlässigkeitsprüfung im Hinblick auf Vorstrafen des Überprüften durch Regelbeispiele konkretisiert. Die Neuregelung verfolgt allerdings nicht den Zweck, die Anforderungen an die Zuverlässigkeit inhaltlich zu verschärfen. Stattdessen wurde ausdrücklich nur eine Erleichterung der Rechtsanwendung angestrebt. Die Regelbeispiele sollten das schon immer bestehende Begriffsverständnis des Gesetzgebers konkretisieren und den Gerichten klare Orientierungspunkte geben (vgl. BT-Drs. 18/9752, S. 53).


Gem. § 7 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 LuftSiG fehlt es hiernach regelmäßig an der erforderlichen Zuverlässigkeit, wenn der Überprüfte in den letzten fünf Jahren wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder innerhalb der letzten zehn Jahre zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden ist.

 

Das Regelbeispiel greift unabhängig davon, gegen welche Schutzgüter sich die Straftat richtete. Allein die Schwere der Tat ist für das Verneinen der Zuverlässigkeit ausreichend.

 

 

Widerlegung der Regelvermutung durch Gesamtwürdigung


Die gesetzliche Vermutungswirkung eines Regelbeispiels kann jedoch durch besondere Umstände des Einzelfalls widerlegt werden. Bei der dafür erforderlichen Würdigung der Einzelfallumstände können die oben dargelegten, von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Begriff der Zuverlässigkeit auch nach der Einführung von § 7 Abs. 1a LuftSiG Anwendung finden. Sie bilden den Maßstab dafür, ab wann die Vermutungswirkung als widerlegt angesehen werden kann. Trotz eines einschlägigen Regelbeispiels kann die Zuverlässigkeit ausnahmsweise dann nicht verneint werden, wenn besondere Umstände charakterliche oder persönliche Schwächen ohne jeden Zweifel ausschließen (Vgl. zur Widerlegung der Vermutungswirkung im Waffenrecht BVerwG, Beschluss vom 21. Juli 2008- 3 B 12.08, NVwZ 2009, 398 Rn. 5).

 

Hiernach müssen weitere Umstände vorliegen, die eine positive Prognose stützen (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 11. Januar 2012 – W 6 K 11.109, Rn. 37 (juris).


Diese bereits vor der Einführung von § 7 Abs. 1a LuftSiG geltenden Grundsätze beanspruchen auch danach weiterhin Geltung. Liegt die Verurteilung innerhalb des von § 7 Abs. 1a S. 2 Nr. 1 LuftSiG vorgeschriebenen Fünfjahreszeitraums, führt das nur zu einer gesetzlichen Vermutung.

 

Der Grad der Anforderungen, die an einen dafür notwendigen Lebens- und Einstellungswandel zu stellen sind, unterscheidet sich je nach Schwere, Zahl und Dauer der begangenen Straftaten (vgl. BGH, Urteil vom 27. Oktober 2015 – 1 StR 373/15, BGHSt 61, 28; vgl. ferner die jeweils im Zusammenhang mit Steuerstraftaten verneinte luftverkehrsrechtliche Zuverlässigkeit bei VG München, Urteil vom 16. Juni 2016 – M 24 K 16.1381; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Oktober 2015 – OVG 6 S 24.15; BayVGH, Beschluss vom 26. Januar 2016 - 8 ZB 15.470).

Wegen des durchaus im Sinne der Luftsicher berechtigten strengen Maßstabs, der bei der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung anzulegen ist, sind die Anforderungen an einen Lebens- und Einstellungswandel daher entsprechend höher als bei einer einmaligen, weniger gravierenden Verfehlung (vgl. VG Würzburg, Urteil vom 11. Januar 2012 – W 6 K 11.109, Rn. 37 (juris).

 

 

Widerlegung der Regelvermutung durch einen atypischen Sachverhalt

 

Ein Abweichen von der Regelvermutung kann auch dann in Betracht kommen, wenn der in der strafrechtlichen Verurteilung abgeurteilte Sachverhalt, von dem ausgegangen werden darf, sich im Hinblick auf die durch die Zuverlässigkeitsanforderung nach § 7 Abs. 1, Abs. 1a Satz 1 LuftSiG i. V. m. § 5 LuftSi­ ZÜV geschützten Belange als atypisch darstellen würde.

 

Die luftsicherheitsrecht­liche Regelwirkung der strafrechtlichen Verurteilung würde dann entfallen; wenn also die strafrechtliche Verurteilung und das darin geahndete Verhalten gerade nicht auf eine persönliche Schwäche bzw. einen Charaktermangel des Betroffenen hinweist, der von luftsicherheitsrechtlicher Relevanz ist (vgl. BayVGH, B. v. 26.01.2016- 8 ZB 15.470- juris Rn. 17, 19).

 

Eine solche Atypik ergibt sich zum Beispiel aus dem Umstand, dass der vorliegende strafrechtliche Verstoß seinerzeit in einem äußerst eng fokussierten Kontext bzw. situativen Zusammenhang begannen wurde,  der mittlerweile seit Jahren entfallen ist und der gerade nicht auf eine persönliche Schwäche bzw. einen Charaktermangel hingewiesen hat. Zumindest aber nicht auf einen von luftsicherheitsrechtlicher Relevanz.

 

 

Stand 10.06.2019

Druckversion | Sitemap
© RA Thomas M. Amann