Die Ausgangslage
Seit dem 15. Januar 2005 gilt ein spezielles Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) in Deutschland, das in seinem § 7 das Verfahren der Zuverlässigkeitsüberprüfung regelt, dem sich jede Person unterziehen muss, die aktiv am Luftverkehr teilnehmen will und zusätzlich alle, die sich in sicherheitsrelevanten Flughafenarealen bewegen wollen.
Dieses Gesetz dient dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des zivilen Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen.
Zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs hat die Luftsicherheitsbehörde die Zuverlässigkeit von Personen zu überprüfen, denen zur Ausübung einer
beruflichen Tätigkeit nicht nur gelegentlich Zugang zu nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes eines Verkehrsflughafens oder eines Luftfahrtunternehmens gewährt werden soll. Der
Überprüfung unterliegen auch Personal der Flugplatz- und Luftfahrtunternehmen, der Flugsicherungsorganisation sowie der Fracht-, Post-, Reinigungsunternehmen sowie Warenlieferanten und vergleichbarer
Versorgungsunternehmen, das auf Grund seiner Tätigkeit unmittelbaren Einfluss auf die Sicherheit des Luftverkehrs hat. Sofern sich die vorgenannten Unternehmen des Personals anderer Unternehmen
bedienen, steht dieses eigenem Personal gleich. Weiter überprüft werden Luftfahrer/Führer von Luftfahrzeugen und entsprechende Flugschüler sowie Mitglieder von flugplatzansässigen Vereinen,
Schülerpraktikanten oder sonstige Berechtigte, denen nicht nur gelegentlich Zugang zu den nicht allgemein zugänglichen Bereichen des Flugplatzgeländes eines Verkehrsflughafens gewährt werden
soll.
Während das LuftVG (Luftverkehrsgesetz) die fliegerische Eignung im weiteren Sinne betrifft, regelt das LuftSiG seit einigen Jahren nun die Berechtigung zum Zugang zu sicherheitsrelevanten Flughafenbereichen und den Zugriff auf die den Luftverkehr beeinflussende Einrichtungen. Die entsprechende Zuverlässigkeitsüberprüfung - die ZUP - erfolgt durch die Luftsicherheitsbehörden der Länder. In Hessen ist dies beispielsweise das Polizeipräsidium Frankfurt/M., in Rheinland-Pfalz z.B. der Landesbetrieb für Straßen und Verkehr. In Baden-Württemberg wird das Regierungspräsidium Stuttgart und in Nordrhein-Westfalen die Bezirksregierung Düsseldorf entsprechend tätig.
Die neue Fassung des Gesetzes
Seit dem 04.03.2017 gilt mittlerweile eine neue geänderte Fassung des Luftsicherheitsgesetzes.
NEU Prüfung vor Ort
Nach der Gesetzesänderung darf die Luftsicherheitsbehörde nun Luftfahrzeuge, Betriebs- und Geschäftsräume sowie die dazugehörigen Grundstücke betreten, besichtigen und dort Prüfungen vornehmen. Luftfahrzeuge, Betriebs- und Geschäftsräume, die zugleich zu Wohnzwecken dienen, dürfen nur zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung betreten und besichtigt werden.
NEU Flugverbot
Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Luftsicherheitsbehörde nun auch für einzelne Luftfahrzeuge oder eine näher bestimmte Gruppe von Luftfahrzeugen für alle oder bestimmte Beförderungsarten ein Einflug-, Überflug- oder Startverbot verhängen.
Durchsuchungen
Die Luftsicherheitsbehörde kann weiterhin Personen, welche den Sicherheitsbereich des Flugplatzes betreten haben oder betreten wollen, durchsuchen oder in sonstiger geeigneter Weise überprüfen. Und sie kann Gegenstände durchsuchen, durchleuchten oder in sonstiger geeigneter Weise überprüfen, die in diese Bereiche verbracht wurden oder werden sollen.
Befragung Arbeitgeber
Die Luftsicherheitsbehörde kann auch weiterhin Anfragen an die Flugplatzbetreiber und Luftfahrtunternehmen sowie an die Arbeitgeber der letzten fünf Jahre und den gegenwärtigen Arbeitgeber des Betroffenen richten.
NEU Drogentest
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Betroffene nach der Neufassung jetzt die Verpflichtung zur Durchführung eines Tests auf Betäubungsmittel nach dem Betäubungsmittelgesetz haben.
NEU Zuverlässigkeitskriterien § 7
Deutlich geändert (und teilweise sehr verschärft!) haben sich die Kriterien für die Prüfung und Feststellung der eigentlichen Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG.
Die Luftsicherheitsbehörde bewertet die Zuverlässigkeit des Betroffenen nach wie vor auf Grund einer Gesamtwürdigung des Einzelfalles.
In der Regel fehlt es nun aber an der erforderlichen Zuverlässigkeit, wenn
1. der Betroffene wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe, Jugendstrafe oder Geldstrafe von mindestens 60 Tagessätzen oder mindestens zweimal zu einer geringeren Geldstrafe
verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht verstrichen sind,
2. der Betroffene wegen eines Verbrechens oder wegen sonstiger vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, wenn seit dem Eintritt der
Rechtskraft der letzten Verurteilung zehn Jahre noch nicht verstrichen sind,
3. tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Betroffene Bestrebungen nach § 3 Absatz 1 des Bundesverfassungsschutzgesetzes verfolgt oder unterstützt oder in den letzten zehn Jahren verfolgt
oder unterstützt hat.
Bei sonstigen Verurteilungen oder beim Vorliegen sonstiger Erkenntnisse ist im Wege der Gesamtwürdigung nach Satz 1 zu prüfen, ob sich daraus im Hinblick auf die
Sicherheit des Luftverkehrs Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen ergeben.
Als sonstige Erkenntnisse kommen dabei insbesondere in Betracht :
1. laufende und auch eingestellte Ermittlungs- oder Strafverfahren,
2. Sachverhalte, aus denen sich eine Erpressbarkeit durch Dritte ergibt,
(z.B. Schulden!)
3. Sachverhalte, aus denen sich Zweifel am Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung ergeben,
4. Alkohol-, Rauschmittel- oder Medikamentenabhängigkeit oder regelmäßiger Missbrauch dieser Substanzen,
(Drogen Alkohol Medikamente)
5. Angabe von unterschiedlichen beziehungsweise falschen Identitäten bei behördlichen Vorgängen.
Fazit
Auch nach der Gesetzesänderung vom 04.03.2017 ist innerhalb der Regelbeispiele des neuen § 7 Abs. 1a LuftSiG i.V.m. § 5 LuftSiZÜV in entsprechender Widerlegung der dortigen Regelbeispiele nach wie vor zuverlässig, wer zweifelsfrei die Gewähr dafür bietet, die ihm obliegenden Pflichten zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen und Sabotageakten, jederzeit im vollem Umfang zu erfüllen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.2004 – 3 C 8.04).
Bei sonstigen Verurteilungen oder beim Vorliegen sonstiger Erkenntnisse ist im Wege der Gesamtwürdigung nach Satz 1 zu prüfen, ob sich daraus im Hinblick auf die Sicherheit des Luftverkehrs Zweifel an der Zuverlässigkeit des Betroffenen ergeben. Als sonstige Erkenntnisse kommen insbesondere in Betracht:
Gibt es Probleme durch eine Vorladung von der Polizei, einem Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft, einem Strafverfahren bei Gericht oder durch eine Vorstrafe?
Ab welcher Strafe bzw. Strafhöhe und bei welchem Delikt gibt es Probleme bei der Zuverlässigkeit?
Bekomme ich durch das gerade gegen mich laufende Ermittlungsverfahren Probleme mit meiner Zuverlässigkeit?
Was kann ein Rechtsanwalt erreichen?
Bin ich unzuverlässig?
Erfährt mein Arbeitgeber von meinen Vorstrafen?
Wird mir meine Zuverlässigkeit aberkannt?
Verliere ich meinen Arbeitsplatz?
Das sind die großen Fragen, die Sie vor wie nach der Gesetzesänderung beschäftigen, wenn Sie die Vorladung von der Polizei oder das Anhörungsschreiben der Luftsicherheitsbehörde erhalten haben.
Verlust Fluglizenz durch Verlust Zuverlässigkeit und „Ausflaggung“
Ein sehr großes Problem (insbesondere für Berufspiloten) ist in diesem Zusammenhang die Verknüpfung der Zuverlässigkeit mit der Gültigkeit Fluglizenz und der Möglichkeit der Abwanderung ins Ausland.
Den Entzug einer noch gültigen Lizenz stützen die Luftfahrtbehörden auf § 29 Absatz 1 LuftVZO. Nach dieser Vorschrift ist die Lizenz zu widerrufen und der Luftfahrerschein oder Ausweis einzuziehen, wenn die Voraussetzungen für ihre Erteilung nachträglich nicht nur vorübergehend entfallen sind....
Diese Argumentation ist aber juristisch nicht unumstritten. Dies besonders, wenn die Lizenz bereits älter als das Luftsicherheitsgesetz ist und damit bei der erstmaligen Erteilung noch gar keine ZÜP erforderlich gewesen ist. Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist in diesem Punkt uneinheitlich. Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz 2011 auf die Seite der Behörden geschlagen hat (siehe BverwG 3 C 20.10). Auch die bisher eher „pilotenfreundlichen“ Verwaltungsgerichte in Bayern, Baden-Württemberg oder Berlin-Brandenburg dürften daher in Zukunft auf die Linie der Hardliner einschwenken. Viele Piloten sehen – um einem Lizenzverlust durch eine anstehende ZÜP zu verhindern - nur noch die „Flucht“ ins EASA-Ausland.
Ist die Lizenz jedoch einmal rechtskräftig entzogen, kann sie auch nicht mehr „ausgeflaggt“ werden. Ein zuverlässigkeitsbedingter Lizenzentzug wird nämlich in der Regel mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung verknüpft. Für eine „Flucht“ ins Ausland ist es dann zu spät.
Umgekehrt ist bei der Anerkennung einer ausländischen Lizenz nach § 4 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz (LuftVG) in Verbindung mit den §§ 24 (Erteilung), 26a (Verlängerung/Erneuerung), 28a (Anerkennung ausländischer Lizenzen) der Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) eine gültige ZÜP gesetzlich vorgeschrieben.
Auch bei diesem Beitrag ist zu beachten, dass dessen kurze Ausführungen lediglich einen ersten groben Überblick über die aktuelle Rechtslage um den Bereich
Zuverlässigkeit ZÜP ZUP und einen Einblick in das äußerst komplexe Prüfungsverfahren und seine Rechtsfolgen geben. In keinem Fall können sie eine individuelle Rechtsberatung ersetzen, da jeder Fall
grundsätzlich anders gelagert und anders zu handhaben ist.
Gerade bei Ermittlungsverfahren und Strafverfahren gegen Personen, die Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Luftsicherheitsgesetz unterliegen, ist es daher zur Aufrechterhaltung der Zuverlässigkeit
und damit zur Sicherung der weiteren beruflichen Existenz unabdingbar, zur professionellen Betreuung des Verfahrens möglichst frühzeitig einen entsprechend spezialisierten Rechtsanwalt bzw.
Strafverteidiger des Vertrauens einzuschalten.
Dies sollte nicht nur bei bereits existierenden Vorstrafen im Führungszeugnis bzw. Bundeszentralregister, sondern vor allem bei gerade laufenden Ermittlungsverfahren - auch wenn die nächste ZUP (ZÜP) erste viel später ansteht - gemacht werden.
Im Rahmen der Strafverteidigung gilt es dabei, durch eine sorgfältige, an den Erfordernissen des Luftsicherheitsgesetzes orientierte strafrechtliche Betreuung des
Ermittlungsverfahrens ein solides Fundament für die (oft erst Jahre später) anstehende ZUP zu bilden.
Ist das Strafverfahren bereits abgeschlossen, gilt es die dort getroffenen Feststellungen und Rechtsfolgen an den Erfordernissen des Luftsicherheitsgesetzes orientiert juristisch für die ZUP-Behörde aufzubereiten.
Erlangt zudem der Arbeitgeber auf die eine oder andere Art Kenntnis von dem laufenden Ermittlungs- oder Zuverlässigkeitsverfahren, sind unverzüglich die
arbeitsrechtliche Situation anwaltlich zu prüfen und ggf. geeignete (Gegen-) Maßnahmen zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und zur Sicherung der Existenz bzw. Lebensgrundlage einzuleiten. Nicht jedes
Strafverfahren und nicht jedes (negative) Zuverlässigkeitsverfahren berechtigt den Arbeitgeber zu einer Kündigung, einer Suspendierung oder zum Entzug einer Zulassung.
Dies z.B. unter anderem auch durch die Prüfung und Durchführung der vorzeitigen Löschung eines Eintrages im Führungszeugnis oder Bundeszentralregister. Gemäß § 39 Bundeszentralregistergesetz (BZRG) kann die vorzeitige Nichtaufnahme einer Verurteilung in das Führungszeugnis beim Bundesamt für Justiz in Bonn beantragt werden.
In einer entsprechend spezialisierten Kanzlei wird man dem Betroffenen im Rahmen der juristischen Betreuung selbstverständlich in der krisenhaften Situation auch menschlich unter Einbeziehung der aus dem Verfahren resultierenden beruflichen und persönlichen Konflikte beistehen.