Hintergrund dieser Frage ist die im Luftsicherheitsgesetz (§ 7 LuftSiG) recht strenge Regelung der sogenannten Regelvermutung, die unter anderem bei einer Strafe ab 60 Tagessätzen die Unzuverlässigkeit vermutet und den Antragstellern und mithin auch manchem Rechtsanwalt erhebliche Schwierigkeiten im Zuverlässigkeitsverfahren bereitet.
Die Frage ist nun, wie bei der ZÜP-Prüfung zu verfahren ist, wenn der erlassene Strafbefehl oder das ergangene Urteil zwar eine Gesamtstrafe von über 60 Tagessätzten festlegt, die Einzelstrafen aber unter dieser Grenze liegen.
So zum Beispiel bei einer Trunkenheitsfahrt, die noch eine Unfallflucht und eine Polizisten-Beleidigung oder einen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach sich gezogen hat. Im Strafverfahren wird dann jedes einzelne Delikt mit einer Einzelstrafe belegt, die im Urteil oder in einem späteren Gesamtstrafenbeschluss dann unter Anwendung der Strafzumessungsregeln einer Gesamtstrafe zugeführt werden.
Wie sich das dann nun auf die Feststellung der Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG - der sogenannten ZÜP / ZUP bzw. ZVÜ - im Zuverlässigkeitsüberprüfungsverfahren auswirkt, kommt auf die jeweiligen Tatumstände und dabei maßgeblich darauf an, ob die jeweiligen Einzel-Handlungen vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurden.
Konstellation 1
Beispiel 50 Tagessätze für vorsätzliche Trunkenheitsfahrt und 50 Tagessätze für vorsätzliche Körperverletzung, zusammengeführt zu einer Gesamtstrafe von 70 Tagessätzen
In diesem Beispielsfall liegt die Gesamtstrafe über der Grenze von 60 Tagessätzen, beide Einzelstrafen liegen aber darunter. Da jedoch beiden Einzelstrafen eine vorsätzliche Begehungsweise zugrundeliegt, findet die zweite Alternative der Regelvernutung aus § 7 Abs. 1a Nr. 1 Alt. 2 LuftSiG Anwendung, die die Unzuverlässigkeit auch bei mehr als einer Vorsatz-Verurteilung zu einer Strafe von unter 60 Tagessätzen vermuten lässt.
Konstellation 2
Beispiel 50 Tagessätze für fahrlässige Trunkenheitsfahrt und 50 Tagessätze für vorsätzliche Körperverletzung, wiederum zusammengeführt zu einer Gesamtstrafe von 70 Tagessätzen
In diesem Beispielsfall liegt die Gesamtstrafe wieder über der Grenze von 60 Tagessätzen und beide Einzelstrafen liegen wieder darunter. Da jedoch diesesmal nur einer der beiden Einzelstrafen eine vorsätzliche Begehungsweise zugrundeliegt, findet die zweite Alternative der Regelvernutung aus § 7 Abs. 1a Nr. 1 Alt. 2 LuftSiG hier keine Anwendung, da Fahrlässigkeits-Verurteilungen nicht dieser Regelung unterliegen.
F a z i t :
Sollte das strafrechtliche Ermittlungsverfahren noch laufen und noch nicht durch Strafbefehl oder Urteil abgeschlossen sein, sollte im Rahmen der Strafverteidigung von dem im Strafverfahren verteidigenden Rechtsanwalt bzw. der verteidigenden Rechtsanwältin unbedingt versucht werden, zu erreichen, dass bei auch fahrlässig begehbaren Delikten auch wegen Fahrlässigkeit verurteilt wird.
Bitte beachten Sie auch bei diesem Beitrag, dass dessen kurze Ausführungen lediglich einen ersten groben Überblick über die aktuelle Rechtslage um den Bereich Zuverlässigkeit ZÜP ZUP ZVÜ nach § 7 LuftSiG und den darin enthaltenen Regelungskomplex des Regelvermutungstatbestandes auch § 7 Abs. 1a Nr. 1 LuftSiG geben können.
In keinem Fall können sie eine individuelle Rechtsberatung ersetzen, da jeder Fall grundsätzlich anders gelagert und anders zu handhaben ist.
Gerade bei Personen, die Zuverlässigkeitsüberprüfungen nach dem Luftsicherheitsgesetz unterliegen, ist es daher zur Aufrechterhaltung der Zuverlässigkeit und damit zur Sicherung der weiteren beruflichen Existenz unabdingbar, möglichst frühzeitig einen entsprechend spezialisierten Rechtsanwalt einzuschalten.
Dies vor allem, wenn durch Zweifel an der Zuverlässigkeit ZÜP nach § 7 LuftSiG oder gar deren Widerruf oder Versagung, der Entzug der Arbeitsgrundlage und eine Kündigung durch den Arbeitgeber droht.
Rechtsanwalt Amann
03.03.2024